Personen: Walter Leimgruber, Katrin Sontag

Research Database 

The project studies current transformations of citizenship in the frame of cities, focusing on Montreal and Brussels. Both cities are multi-lingual and feature a long and multifaceted history of migration. And both cities are situated in settings of multilayered citizenship regimes. These regimes consist ofsupra-national organizations, like the EU or Commonwealth, the national level, as well as sub-state nations, federal entities, and the urban level, which grant different opportunities and rights to different people (such as voting rights). 

“Urban citizenship” as key concept in this study focuses on concrete negotiations, practices and contestation of citizenship – also in the case of absence of formal citizenship. The project analyzes (1) forms, understandings, and practices of urban citizenship and (2) its relation to the multiple layers of citizenship regimes, as well as (3) the effect on social cohesion and participation and possibilities to better frame citizenship institutionally on an urban level.

The project is conducted in cooperation with Prof. Dr. Matteo Gianna at the Department of Political Science and International Relations at the University of Geneva. It seeks to combine theoretical and methodical approaches from Political Science and Political Philosophy with those from Cultural Anthropology in the study design, research and analysis. Moreover, it seeks to develop policy suggestions on a comparative level.

Kooperation mit der HGK der FHNW (Michael Renner, Professur für Visuelle Kommunikation)

Wissenschaftliche Projektleitung: Ina Dietzsch

Mitarbeiterinnen: Susanne Käser, Silvia Balzan, Aylin Yildirim Tschoepe  

Projekt in der Forschungsdatenbank

Dieses Projekt agiert im Rahmen eines Netzwerkes aus Architektur, Bilddesign, Stadt- und Designanthropologie. Im Zusammenhang mit Stadtentwicklungsprozessen in Basel wird der Frage nachgegangen, wie sich mit den aktuellen gesellschaftlichen Verhältnissen Veränderungen in Bezug auf Kulturtechniken ergeben und welche neuen Spielräume für Kommunikationspraxis sich dabei eröffnen. Die designanthropologische Perspektive des Projektes fokussiert vor allem auf die Offenheit und partielle Unbestimmtheit von Visualisierungen, die dazu auffordern Bedeutungen zu interpretieren und zu verhandeln. Im Vordergrund steht die Praxis, in der Bilder entstehen und eine Bedeutung bekommen. Visualisierungen unterschiedlichster Art werden dabei als Aushandlungsraum – Sehen, Produzieren, Deuten, Verändern als komplexe intersubjektive Vorgänge sowie als variable und hochselektive Weisen der Welterschliessung verstanden.

Digital Lives

Digital Lives

Projektleitung: Walter Leimgruber
Koordination: Ina Dietzsch

Projekt in der Forschungsdatenbank

Die Landwirtschaft durchläuft gegenwärtig mit ihrer Digitalisierung massive Veränderungen, bei denen sich das Verhältnis zwischen Menschen, nicht-menschlichen Lebewesen und Technologien dramatisch verändert. 

Inhalt und Ziel des Projekts: Vorstellungen von Landwirtschaft in der Schweiz sind romantisiert. Vorherrschend ist das Bild eines längst unrentablen, musealen Wirtschaftens. Doch digitale Technologien sind gegenwärtig dabei, auch in der Landwirtschaft gesellschaftliche Naturverhältnisse radikal zu verändern. Mit dem digitalen Leben in der Landwirtschaft wird das Projekt ein komplexes und dynamisches Geflecht untersuchen, in dem vielfältige Akteure Beziehungen miteinander eingehen: Maschinen, Reglemente, Menschen, Wissen, Infrastrukturen, Interfaces, Daten, Pflanzen, Tiere, Abfall, Erde, Umwelt. Wo und wann wird dabei programmiert, gerechnet und digitale Technologie eingesetzt? Wo wird verdatet, verhandelt und verschaltet? Wie verändert sich die Beziehung der Bauern und Bäuerinnen zu Tieren und Pflanzen, wenn eine Datencloud zwischen sie tritt? Was geschieht dadurch mit der Trennung zwischen Natürlichem und Künstlichem in Bezug auf Wissen, Vorstellungen und Selbstverständlichkeiten von Leben? 

Wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Kontext: Das Projekt führt eine auf soziale Praxis orientierte Feldforschung durch, die detailliert untersucht, wo das Digitale auf einem Bauernhof aufzufinden ist. Es versteht sich als anthropologische Erforschung von „Leben“ mit Schwerpunkt auf dem Verhältnis zwischen Menschen, nicht-menschlichen Lebewesen und digitaler Technologie. 

Personen: lic. phil. Aldina Camenisch, lic. phil. Seraina Müller, Prof. Walter Leimgruber

Projekt in der Forschungsdatenbank


Die Diskussionen über Migration beschäftigten sich in der Schweiz vor allem mit der Einwanderung und Integration von „Ausländer_innen“. Dabei wird oft vergessen, dass die Schweiz auch Auswanderungsland ist. Wer wandert aus, aus welchen Gründen geschieht dies und wie gestalten sich solche Migrationsprozesse? 
Wir verstehen Migration als durch komplexe biografische, alltagsweltliche und wirtschaftliche Dynamiken strukturierte Bewegungen. In Anlehnung an Konzepte und Diskussionen der Transnationalismusforschung fokussieren wir besonders auf Sinnkonstruktionen von Migrant_innen und deren (multi-)lokale Bezugspunkte. Wir fragen nach Beziehungsmustern ausgewanderter Schweizer_innen im Bezug auf ihre Herkunftskontexte sowie im Hinblick auf die durch die Migration neu entstandenen Kontakte. Weiterhin interessiert uns, ob diese Netzwerke zu neuartigen Konstellationen bezüglich individueller und kollektiver Identitätsnarrative, gesellschaftlicher Vernetzung, wirtschaftlicher wie auch politischer Aktivitäten führen und wie diese Konstellationen aussehen, beschrieben und analysiert werden können. 

Laufzeit: 1. August 2013 – 30. Juni 2018

Finanzierung: SNF

Methoden: Biografische Interviews, Netzwerkanalyse, teilnehmende Beobachtung

(Orginal: Narratives of Identity, Multi-Sited Biographies, and Transnational Life-Modes of Highly Qualified Migrants. Two Case Studies)

Personen: Hélène Oberlé, MA und Haddy Sarr, MSc

Projekt in der Forschungsdatenbank

Das Projekt „Narratives of Identity, Multi-sited Biographies, and Transnational Life-Modes of Highly Qualified Migrants. Two Case Studies“ ist ein gemeinsames Projekt des Seminars für Kulturwissenschaft und Europäische Ethnologie und des Zentrums für Afrikastudien. 

Ziel des Projekts ist es zu verstehen, wie und in welchem Ausmass Spannungen, die zwischen verschiedenen Aspekten der Globalisierung entstehen können, die Erfahrungen und Aktivitäten hochqualifizierter Migrant_innen formen. Das Phänomen der Migration hochqualifizierter Personen ist ein bedeutender Bestandteil der heutigen Globalisierung. Diese Bewegungen bedeuten für die Akteur_innen die Notwendigkeit, Beziehungen innerhalb und zwischen Lokalitäten zu bewältigen. Biografien und Narrative bestimmter Gruppen hochqualifizierter Migrant_innen erlauben es uns zu analysieren, wie Lebenserfahrungen und Aktivitäten quer durch einen facettenreichen Kontext entstehen. Die Life-Mode Theorie und die Theorie der Justification dienen des weiteren als Rahmen, um die hochqualifizierten Akteure innerhalb von Globalisierungsprozessen zu positionieren sowie ihre Aktivitäten zu erklären.

Das Projekt besteht aus zwei Teilprojekten, die jeweils spezifische Gruppen hochqualifizierter Migrant_innen untersuchen:
Schweizer_innen in Israel und Israelis in der Schweiz (Hélène Oberlé)
Schweizer_innen in Senegambia und Senegambier_innen in der Schweiz (Haddy Sarr)

Schlüsselbegriffe: Migration von Hochqualifizierten, Biografie, Identität, Brain-gain/-drain/-waste/-circulation, Globalisierung, Life-Modes, Transnationalismus, kulturelle Narrative

Laufzeit: 2015 – 2018

Finanzierung: SNF

Methoden: Interviews, Fokus Gruppen, teilnehmende Beobachtung

Projektleitung: Prof. Dr. Jacques Picard

Projektmanagement: Lic. phil. Angela Bhend

Projekt in der Forschungsdatenbank

Das vorliegende Projekt hat den „Jüdischen Kulturraum Aargau“ im Sinne einer Reaktualisierung des materiellen und immateriellen Kulturerbes im Kanton Aargau als Wissensraum in der Gegenwart zum Gegenstand. Dieser Wissensraum soll in seiner Vielfalt unterschiedlichen Ansprechgruppen zugänglich gemacht werden. Dazu soll eine wissenschaftsbasierte Publikation bereit gestellt werden, die einerseits bestehende oder noch zu leistende Forschungen in einem Überblicksband vereint, andererseits mit einer gut sortierten Darstellung sich an ein allgemein gebildetes und interessiertes Publikum adressiert.

Bewusst zu halten ist, dass der Aargau nicht an der Kantonsgrenze aufhört. Der jüdische "Wissensraum Aargau" hat historisch und kulturell auch Bezüge in topografische wie imaginäre Räume ausserhalb des engeren Gebietes Aargau – mithin bis New York und Tel Aviv oder in Romanen und Bildern von Kulturschaffenden. Im Mittelpunkt steht indes auch der geografische Raum des Kantons.

Von erheblicher Bedeutung ist das Leitbild der Repräsentation: Es geht um die Koexistenz – genauer: das alltägliche Zusammenleben, die Konvivenz von Menschen aus jüdischen, christlichen und bürgerlichen Lebenswelten. Die Repräsentation von Konvivenz bezieht sich ebenso auf die dörflichen Untertanen in der Gemeinen Herrschaft der alten Eidgenossenschaft wie auch auf deren schrittweise Verbürgerlichung auf dem Weg in die Moderne. Diese Konvivenz wird unter anderem auch im geplanten Kapitel "Doppeltür" zum Ausdruck kommen, womit sich eine Vielzahl von lebensweltlichen Aspekten und Polyvalenzen einfassen lassen werden.

Das geplante Buch wird einen deutlich multidisziplinären Charakter erhalten. Beteiligt sein werden Autorinnen und Autoren aus unterschiedlichen Disziplinen wie Geschichte, Archäologie, Judaistik, Kunstgeschichte, Architekturgeschichte, Literaturwissenschaft, Musikwissenschaft, Kulturanthropologie und Sprachforschung.

Das Publikationskonzept geht von sechs Buchteilen aus. Eingesetzt wird als Auftakt mit einem gegenwartsorientierten Teil, der den Titel „Im Aargau, aus dem Aargau: Zeichen und Zeugen einer vielschichtigen Zeit“ trägt; am Ende wird dieser Bogen geschlossen, indem dieses nochmals zitiert und aufgenommen wird: „Jüdischer Kulturraum Aargau: Zeiten, Zeichen und Zeugen Reloaded“. Dazwischen werden Epochen und Zeiten mit thematisch entsprechenden Titeln aufgespannt, wissenschaftlich beleuchtet, inhaltlich problembewusst präsentiert und in Überblicken veranschaulicht, wofür vier Buchteile vorgesehen sind. Anhand unterschiedlicher Textformate, die unterschiedlichen Funktionen dienen, soll die Vielfalt des Sammelbandes auch in seiner formalen Struktur gewährleistet werden. Durch Überblickskapitel sollen historische Epochen als Ganzes vorgestellt werden, durch Themenüberblicke speziellere Fragen verständlich gemacht werden. Mit Streiflichter und Essays kommen besonders interessante Themen und Befunde in den Vordergrund. Schliesslich werden durch Porträts Menschen und individuelle Biografien, die auch Familienschicksale umfassen können, lebendig.

Projektdauer: Januar 2016 – Dezember 2018

Gefördert durch den Kanton Aargau, Swisslos-Fonds

Projektleitung: Nicole Peduzzi

Die erste Phase des SGV-Fotoprojektes ist nach vier Jahren intensiver Bearbeitungszeit abgeschlossen. Mehr als 100‘000 fotografische Objekte aus 16 verschiedenen Sammlungen sind seit dem 1. Februar 2018 auf der eigens dafür konzipierten Internet-Plattform zugänglich (archiv.sgv-sstp.ch).

Personen: Dr. Ulrike Langbein, Mag. Laura Hompesch

Projekt in der Forschungsdatenbank

Das Forschungsprojekt wird in Zusammenarbeit mit dem Institut Experimentelle Design- und Medienkulturen der Hochschule für Gestaltung und Kunst FHNW sowie dem Amt für Kultur, Archäologie und Museum Baselland durchgeführt.

Kooperationspartner_innen:

Pressespiegel Hanro-Sammlung:

Personen: Christina Besmer, MA und PD Ina Dietzsch

Projekt in der Forschungsdatenbank

„Medienwelten und Alltagsurbanität“ beschäftigt sich mit dem Zusammenhang von Medienpraxen und alltäglichem städtischen Leben. Wir gehen davon aus, dass städtischer Alltag von den verschiedensten Medientechnologien durchdrungen ist und Medien die Art, wie Stadt gedacht, gemacht und gelebt wird, beeinflussen. 
Städte entstehen durch Zuwanderung – sei es vom Land oder über nationale Grenzen hinweg, und der städtische Alltag ist geprägt von Mobilität – sei es durch Pendelbewegungen in die und aus der Stadt, innerstädtische Mobilität oder das Zusammentreffen von sesshaften und mobilen Bewohner_innen. Besonders interessiert uns die damit verbundene Transkulturalisierung urbaner Räume: Infolge einer Intensivierung und Diversifizierung von Mobilitäten zeichnet sich städtischer Alltag heute mehr denn je durch eine Vielfalt transkultureller Zugehörigkeiten, Alltagspraxen und Medienwelten aus. Vor diesem Hintergrund erforschen wir, wie eine wachsende kulturelle Diversität der Quartierbevölkerung sowie eine Globalisierung medialer Angebote Stadtquartiere und deren Kommunikationsstrukturen verändern. 

Schlüsselbegriffe: Medialität, Migration, Urbanität, Raumforschung, Transkulturalisierung, Super-Diversität

Laufzeit: 1.1.2013 – 31.5.2016

Finanzierung: SNF

Methoden: öffentliche Anthropologie, Medienethnografie, Wahrnehmungsspaziergänge, Medientagebücher, mental maps, qualitative Interviews

Personen: Dr. Katrin Sontag und Prof. Dr. Monika Götzö

Projekt in der Forschungsdatenbank 

Im Fokus stehen mobile hochqualifizierte Menschen, insbesondere Wissenschaftler_innen und Startup-Gründer_innen. Uns interessiert, wie sie Migration und Mobilität erleben und gestalten. 
Wir gehen davon aus, dass soziale und geografische Mobilitäten zeitlich und örtlich stark variieren können. Wissenschaftler_innen und Startup-Gründer_innen arbeiten untern anderem in internationalen virtuellen Teams, wechseln häufig den Ort, sind an verschiedenen Orten gleichzeitig tätig, pendeln auch über lange Distanzen, vernetzen sich in mehreren Netzwerken und nehmen gleichzeitig unterschiedliche soziale Positionen ein. Wir fragen beispielsweise nach der Rolle, welche Orte für diese Zielgruppe spielen, die sich durch gesetzliche Neugestaltungen in Europa und Übersee relativ frei bewegen kann. Uns interessiert, wie Identitäten konstruiert werden und wie biografisch Sinn hergestellt wird. Ausgangspunkt der Forschung bilden biografische Konstruktionen als Ordnungsprozesse des Selbst, in denen sich die Bedeutung von Arbeit, Beruf, Orten sowie sozialen Netzwerken in einen Zusammenhang stellen lassen. 

Schlüsselbegriffe: Migration, Mobilität, Hochqualifiziert, Hochmobil, Wissenschaftler, Startup, Jungunternehmer

Laufzeit: 2012 – 2015

Finanzierung: SNF

Methoden: biografische Interviews

Personen: Dr. Karoline Oehme-Jüngling, Dr. des. Fanny Gutsche, Dr. des. Patricia Jäggi

Projekt in der Forschungsdatenbank

Das Forschungsprojekt untersucht die Konstruktion und Vermittlung von "Swissness" mittels (Volks-)Musik. Im Zentrum des Forschungsprojekts steht die "Sammlung Dür" – ein zwischen 1957 und 1967 vom Musikwissenschaftler Fritz Dür im Auftrag von Schweizer Radio International (SRI) als musikalische Visitenkarte der Schweiz zusammengestelltes Konvolut von zirka 8.000 Tonbändern mit "Schweizer Volksmusik", das 1987 in die Schweizer Nationalbibliothek überführt wurde. Die Leitfrage des gesamten Projektes ist diejenige, wie und vor welchen gesellschaftlichen wie institutionellen Hintergründen sich volksmusikalisches Schaffen mit der Institution Rundfunk zu einer wirkmächtigen Stimme zur Verbreitung von – klingender – Swissness etablieren konnte. 

Das Projekt ist interdisziplinär angelegt und untersucht die klingende Dimension von populärer Kultur von der Nachkriegszeit bis in die Gegenwart aus musikforschender und aus kulturanthropologischer bzw. ethnomusikologischer Perspektive. Der analytische Zugriff auf das von allen Projekten gemeinsam bearbeitete Material orientiert sich an der Frage nach der akustischen Konstruktion einer "Stimme der Schweiz" – durch die Fixierung auf Tonträgern, was gleichzeitig stilbildend wirkte, durch die Zusammenstellung zu einem nachhaltig und während längerer Zeit genutzten Klang-Korpus, was zugleich kanonisierend wirkte und schliesslich durch die Vermittlung über das Hörmedium Rundfunk, was die Bildung einer eingängigen Vorstellung von akustischer Swissness anregte. Drei eng miteinander verzahnte Teilprojekte an drei Schweizer Hochschulen erforschen diese Verhandlungen um "Volksmusik" im Rundfunk: Teilprojekt A) an der Hochschule Luzern/Departement Musik analysiert die Volksmusikszene der 1950er und -60er Jahre und aus musikforschender Perspektive die klanglich-musikalische Seite des Repertoires. Das kulturanthropologische Projekt B) am Institut für Populäre Kulturen der Universität Zürich untersucht die institutionelle Seite der Entstehung wie der Überlieferung und des „Überlebens“ der Sammlung Dür in ihren sozialen, kulturellen, politischen und ideengeschichtlichen Kontexten sowie die akustische Repräsentation von Swissness. Teilprojekt C) am Seminar für Kulturwissenschaft und Europäische Ethnologie der Universität Basel untersucht aus ethnomusikologischer Perspektive die Nutzungen der Sammlung und ihre Rezeption als "Stimme der Schweiz" im In- und Ausland. 
Die Sammlung Dür wurde unter der Vorgabe von SRI, die "Stimme der Schweiz" zu sein, durch den Leiter der Sonothek Fritz Dür aus den Beständen der einzelnen Radiostudios wie durch "Live-Aufnahmen" in der ganzen Schweiz zusammengetragen. Sie wurde von den 1960er bis in die 1990er Jahre für den inländischen (Telefonrundspruch) und namentlich den ausländischen Sendebetrieb, aber auch für weitere Zwecke, u. a. für die SRI-Musikedition "Musica Helvetica", genutzt. Der Bestand (sowohl was die Musik- als auch was konventionelle Archivalien betrifft) bildet die zentrale Materialbasis des Projekts und ermöglicht die Bearbeitung der drei aufeinander abgestimmten Forschungsfragen und -perspektiven. Der Synergieeffekt von "Broadcasting Swissness" liegt denn auch genau darin, Klänge/Musik nicht entweder um die sinnlich-akustische oder aber um ihre soziokulturelle Kontexteinbettung reduziert zu erforschen, sondern unter musikalisch-performativen, ebenso wie institutionspolitischen und rezeptionsästhetischen Gesichtspunkten zu untersuchen. Damit trägt das Projekt nicht nur zur Analyse eines bisher ungeschriebenen Kapitels der Geschichte der traditionellen populären Musik in ihrem Einlassen auf die „Kulturindustrie“ sowie zur kritischen Auseinandersetzung mit der akustischen, institutionell forcierten Konstruktion von "Swissness" bei, sondern nimmt zugleich auch die Herausforderungen einer modernen, disziplinenübergreifenden Kulturwissenschaft auf. Nicht zuletzt werden die Ergebnisse des Projekts nicht nur in den üblichen wissenschaftlichen Formaten, sondern auch in nicht-diskursiven Formen vermittelt: unter anderem durch eine Hörplattform, eine Notenpublikation, insbesondere aber auch durch die Zugänglichkeit über die Hörstationen der Nationalphonothek und die Aufnahme der digitalisierten Sammlung in der Memoriav-Online-Datenbank "Memobase" wie durch eine Medienpartnerschaft mit der SRG, womit die Forschungsergebnisse in auch unterschiedlich aufbereiteter Form einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. 

Laufzeit: 1.12.2012 - 30.11.2015

Finanzierung: SNF

lic. phil. Bernadette Brunner

Projekt in der Forschungsdatenbank

Wie wirkt sich Wohnortungleichheit auf die Zugehörigkeitskonstruktionen Jugendlicher aus? Im Zentrum stehen die Identifikations- und Abgrenzungsdynamiken unter Schülerinnen und Schülern des 8. und 9. Schuljahrs in zwei Berner Stadtteilen: Einer ist von Migration und sozioökonomischer Benachteiligung geprägt, beim anderen handelt es sich um ein privilegiertes Mittelstandsquartier mit einem niedrigen Anteil „migrantischer Bevölkerung“. Während im einen Schülerinnen und Schüler aus Klassen mit Grundanforderungen (Realschüler_innen) sowie sozioökonomisch benachteiligte Jugendliche und Kinder aus migrantischen Familien in der Mehrheit bilden, stellen sie im anderen eine Minderheit dar. Die Ungleichverteilung verschiedener Bevölkerungsgruppen im urbanen Raum strukturiert die Prozesse der Identifikation und Abgrenzung unter den Jugendlichen wie auch ihre schulischen und beruflichen Ziele. Migration zeigt sich dabei als Phänomen, das bewegt – diejenigen, die selbst wandern und ihre Nachkommen genauso wie die involvierten Gesellschaften. 

Schlagwörter: Segregation, Zugehörigkeit, Jugendliche, Bildung, Migration, Selbstrepräsentation

Laufzeit: 2011 – 2014

Methoden: Audiovisuelle Selbstrepräsentation (Videoworkshops), teilnehmende Beobachtung, halbstrukturierte Interviews (photo elicitation)

Personen: Dr. Silke Andris, Miriam Cohn

Projekt in der Forschungsdatenbank

Claudia Wilopo, MSc Urban Studies

Duration : 1.9.2016 – 1.3.2021

Supervisor: Prof. Walter Leimgruber (Seminar für Kulturwissenschaft und Europäische Ethnologie, Universität Basel), Co-Supervisor: Prof. Doris Wastl-Walter (Geographisches Institut, Universität Bern)

Project in the research database

Being irregularly present in the country is unlawful under Swiss law and therefore limits the possibilities for political, social, and economic participation in society. 

Nevertheless, irregular migrants - also referred to as undocumented, illegalised or sans-papiers - engage in practices of contestation that challenge their exclusion from society. These practices involve everyday visible strategies such as sit-ins, demonstrations and occupations, as well as hidden tactics of navigating the city to avoid imprisonment and deportation. Defining these practices as ‘acts of citizenship’ opens up possibilities of a more dynamic and inclusive approach to the idea of citizenship that is not limited to national membership, but can be deployed at various sites and scales. 

Understanding the urban space as a site where struggles and processes of allocation and appropriation of rights and citizenship take place, this research analyses how ’acts of citizenship‘ challenge irregular migrants‘ legal statuses and how these acts can be seen as their claim to a ‘right to have rights’ all while constituting themselves as political subjects. 

This empirical research is based go-alongs, cartography, interviews and participant observation in the city of Zurich. The objective of is to; firstly, gain more insight into the everyday lives and acts of citizenship of irregular migrants, secondly, to gain better understanding of theoretical approaches that connect urban space and migration, and thirdly, to show how irregular migrants practices of contestation allow for a new conceptualisation of urban citizenship. It seeks to develop an interdisciplinary ethnographic approach to studying their acts of citizenship, and to contribute to ongoing debates in the field of cultural anthropology, urban geography, sociology, and critical citizenship studies that challenge the ideas of the traditional notion of the nation-state, citizenship, citizenship rights, and irregular migrants as politically powerless.

Keywords: irregular migrants, urban space, practices of contestation, acts of citizenship, urban citizenship

Claudia Willms

Betreuer der Cotutelles-de-thèse: Prof. Dr. Jacques Picard, Prof. Dr. Eberhard Wolff (Universität Basel), Prof. Dr. Klaus Lichtblau und Dr. habil. Peter Gostmann (Frankfurt a.M.)

Projekt in der Forschungsdatenbank

Die Dissertation beschäftigt sich mit den deutsch-jüdischen Identitätskonstruktionen des Soziologen und Nationalökonomen Franz Oppenheimer, der als Begründer des Liberalen Sozialismus, als Theoretiker der Siedlungsgenossenschaft, als Doktorvater von Ludwig Erhard und als Zionist der ersten Generation bekannt geworden ist. 

Der Arbeit liegt die Methodik der biographischen Einzelfallanalyse zugrunde, wodurch - soweit möglich - die Integrität des historischen Subjekts gewahrt bleibt. Es wird eine chronologische Darstellung vorgenommen und darin alle in Bezug auf die Fragestellung relevanten Quellen (bspw. die Memoiren des Vaters, eine frühe Dichtung, der Antisemitismus in Oppenheimers Burschenschaft, die Hinwendung zum Sozialismus, der Text über Jüdische Siedlungen, Korrespondenz mit Zionisten, das Komitee für den Osten, die politischen Pläne zur Agrarreform, die Reaktion auf das Erstarken der Nationalsozialisten und die Auswanderungsbemühungen) dargestellt und aufeinander aufbauend analysiert. Durch die biographische Perspektive entsteht somit ein Überblick über die sozialen Netzwerke, historischen Strukturen und theoretischen Differenzen jener Zeit(en).

In der Dissertation wird sowohl das eigensinnige Theoriewerk als auch der öffentlichen Beitrag, den Franz Oppenheimer für die deutsche Gesellschaft und die jüdische Gemeinschaft geleistet hat, gewürdigt. Im Mittelpunkt steht dabei immer die Frage, wie es Oppenheimer gelungen ist, das Spannungsverhältnis der von ihm betonten „Konfessionslosigkeit“ einerseits und der gleichermaßen von ihm hervorgehobenen „Stammeszugehörigkeit“ andererseits produktiv zu machen. Oppenheimer ist, so argumentiert der Text, als einer der Pioniere von Mehrfachzugehörigkeit zu verstehen: einem Identitätstypus, der sich erst unter den Bedingungen der Moderne entfalten konnte.

Julian Genner, Dissertation (2015)

Projekt in der Forschungsdatenbank

Ausgehend vom Fallbeispiel des "Nacktscanners" untersuchte das Projekt den Aufstieg neuer Überwachungs- und Sicherheitstechnologien seit dem Jahr 2000. Dabei zeigt sich, dass der Einsatz und die Entwicklung dieser Technologien auf ein neues Verständnis von Sicherheit zurückzuführen sind, das das bestehende Verhältnis von innerer und äusserer Sicherheit bzw. das Verhältnis von militärischen und zivilen Bereichen infrage stellt. Zusätzlich wird Sicherheit als ein Problem verstanden, das sich durch den Einsatz neuer Technologien bewältigen lässt. Dies ermöglicht die Verbreitung und Vermarktung vormals militärischer Technologien wie der "Nackstscanner" in der zivilen Sphäre und im öffentlichen Raum.

Schlüsselbegriffe: (Un-)Sicherheit, Überwachung, Datenschutz, Privatsphäre, Globalisierung

Methoden: ExpertInnen-Interviews, teilnehmende Beobachtung (u.a. in einem Physiklabor), Recherchen (u.a. zu Sicherheitspolitik, Lobbyismus und Regulierungsprozessen)

Leonie Häsler 

Betreuung der Dissertation: Prof. Dr. Walter Leimgruber, Prof. Dr. Markus Krajewski, Prof. Dr. Claudia Mareis

Beschreibung des Forschungsprojekts 

Die Dissertation von Leonie Häsler (Universität Basel/Hochschule für Gestaltung und Kunst FHNW) untersucht den Entwurfs- und Produktionsprozess in der Textil- und Bekleidungsindustrie und verortet sich zwischen Designgeschichte, Medienwissenschaft und materieller Kultur.

Der Entwurfsbegriff hat sich in den letzten Jahren zunehmend von dem Design- und Architekturkontext gelöst. So lässt sich beobachten, dass Verfahren des Entwerfens, Modellierens, Konstruierens und Improvisierens auch jenseits der Designpraxis und -forschung auf grosses epistemologisches und methodologisches Interesse stossen.

Bereiche der Wissenschaftsgeschichte und Medientheorie verstehen das Entwerfen und die damit einhergehenden Materialien, (Medien-)Techniken und Werkzeugnutzungen als konstitutiv bei der Erkenntnisproduktion. Anders ausgedrückt: der Aufzeichnungsakt – physisch oder digital –, exterritorialisiert Wissen nicht lediglich, sondern bringt es überhaupt erst hervor. Entwerfen ist gleichermassen Kulturtechnik und epistemische Praxis. Das Dissertationsprojekt greift diesen Diskurs auf, rückt ihn jedoch wieder in den industriellen Kontext.

Die Arbeit gründet auf Archivquellen der ehemaligen Schweizer Strickereifabrik „HANRO“, anhand derer erstens beantwortet werden soll, welchen Logiken und Parametern das industrielle, auf Serienproduktion ausgerichtete Entwerfen folgt. Dies wirft Fragen zum Verhältnis von Kreativität, Mathematik und Technologie auf. Wie transformiert sich das Verständnis des Entwurfs im Fabrikgefüge?

Zweitens fragt das Projekt retrospektiv, wie sich der ephemere Entwurfsprozess im Archiv materialisiert. Dies betrifft einerseits die Zeit, als Hanro noch aktiv produziert und archiviert hat. Welchen Stellenwert nimmt die Dokumentation und Archivierung der Entwurfsunterlagen ein im Vergleich zum Werbe-, Presse- und Verwaltungsarchiv? Andererseits interessiert sich die Arbeit für die Bedeutungsverschiebungen des Archivs als Gedächtnisort, das sich inzwischen in Hand eines Museums befindet.

Jedes Kapitel ist nicht nur mit einem Raum innerhalb der Fabrik verknüpft, den der Entwurf durchlaufen hat, es zeigt auch die Perspektive der meist weiblichen Mitarbeiterinnen, die am Entwurf beteiligt waren. Interviews mit ehemaligen Angestellten bilden hierfür die empirische Grundlage.

Ziel der Arbeit ist eine Archäologie des industriellen Entwerfens, die sowohl eine Genealogie des Entwurfsprozesses beschreibt als auch die Materialität und Medialität des Archivs in Augenschein nimmt.

Beate Weinhold

Betreuer: Prof. Dr. em. Jacques Picard

Projekt in der Forschungsdatenbank

Die Dissertation von Beate Weinhold zum Umgang mit "Heiligem". Eine Untersuchung der Lehren und Praxen von monotheistischen Religionen mit materiellen Kulturgütern widmet sich einem aktuellen Problem an der Schnittstelle von Kulturanthropologie, Volkskunde und Religionswissenschaft sowie Judaistik. Ein besonderes Merkmal von Religion als Paradigma umfassender Wirklichkeitsbetrachtung und -bewältigung ist es, dass sie die dem Menschen zugängliche Wirklichkeit als von einer anderen Wirklichkeit getragen erfährt, die sich als Geheimnis und Heiliges, als Transzendentes und Unfassbares und gegenüber dem menschlichen Zugriff Unverfügbares kundtut. Die der Wirklichkeit des Heiligen entsprechende Grundhaltung des homo religiosus ist die der Ehrfurcht, der Verehrung, der Bundestreue und der religiösen Scheu. Für diese Ambivalenz religiöser Erfahrung stehen Begriffe wie das „Numinose“ und das als „Mysterium fascinosum“ und „Mysterium tremendum“ Bezeichnete. Wie nun aber in säkularen Gesellschaften ein kultureller Umgang gefunden wird, um mit dem "Heiligen" in Gestalt von Büchern, Gegenständen, Räumen oder Riten als materielle und immatrielle Güter zurecht zu kommen, steht im Zentrum der Dissertation. Dies soll an Beispielen untersucht werden, so u.a. an heute verlassenen Synagogen und Genisafunden, die in Deutschland geborgen und inventarisiert wurden. Generell fragt die Untersuchung indes auch nach dem Umgang mit solchen Artefakten in den Religionen selbst. Wie wird mit nicht mehr benutzten/benutzbaren Gegenständen umgegangen? Gibt es religionsübergreifende Invarianten, beziehungsweise Differenzen hinsichtlich der Ablagepraxis? Existieren in den offiziellen Lehren und Praxen der einzelnen Religionen spezielle Verhaltensnormen für den Umgang mit diesen Objekten? Hat die Volksfrömmigkeit der jeweiligen Religion unabhängig von der Existenz oder Nichtexistenz normativer Regelwerke einen eigenen Verhaltenskodex im Umgang mit heiligen Dingen entwickelt?

Uta Karrer

Supervisor: Walter Leimgruber, Co-Supervisor: Johannes Moser (LMU München)

Projekt in der Forschungsdatenbank

Inwieweit hat sich die Systemgrenze, die Europa bis 1989 teilte, nicht nur politisch, sondern auch kulturell ausgewirkt? Dieser Frage widmet sich die Dissertation anhand der Diskursanalyse eines bislang wenig beachteten Aspekts der Repräsentation und Konstruktion des östlichen Europas: Publikationen und Ausstellungen so genannter polnischer „Naiver Kunst“. Sowohl in der Volksrepublik Polen als auch in der Bundesrepublik Deutschland erfreute sich polnische „Naive Kunst“, die mit Überschneidungen auch als „sztuka ludowa“ („Kunst des Volkes“) bezeichnet wurde, zwischen den 1960er bis in die 1980er Jahre starker Popularität. In einem ersten Schritt stellt das Dissertationsprojekt die politische Förderung und Funktionalisierung der „sztuka ludowa“ in der Volksrepublik Polen dar. Anhand postkolonialer Ansätze (Bhabha 1994) werden daraus entstehende Widersprüchlichkeiten und Konsequenzen aufgezeigt. Ein zweiter Schritt legt dar, welche Selbst- und Fremdkonstruktionen sich in Sammlungen und Präsentationen polnischer „Naiver Kunst“ in der Bundesrepublik Deutschland manifestierten. Die Analyse zeigt auf, dass Polen in einem Grenzbereich Europas verortet und ambigue, zugleich als kulturell und zivilisatorisch entfernt, dargestellt wurde. Die Konstruktion von Polen als im Unterschied zum westlichen Europa nicht industrialisiertem, naturnahen Ort, in dem ländliche Leben als authentisch aufgefasste Kreativität in Form von Polnischer „naiver Kunst“ hervorbrachte, wurde verbunden mit der Zuschreibung wirtschaftlicher und kultureller Rückständigkeit. Des Weiteren argumentiert die Dissertation, dass die in Publikationen und Ausstellungen zentral thematisierte Schuldfrage bezüglich des Zweiten Weltkrieges kombiniert und ersetzt wird durch die Inanspruchnahme einer helfenden und kulturtragenden Rolle als Zivilisationsträger.

Daniel Kunzelmann 

Betreuer: Prof Dr. em. Jacques PicardProf. Dr. Johannes Moser

Projekt in der Forschungsdatenbank

Hard- und Softwaretechnologien dringen immer tiefer in unsere Lebenswelt ein. Die soziale Vernetzung entlang digitaler Infrastrukturen generiert besondere Kommunikationsräume, die wir als „online-offline“ oder „hybrid“ bezeichnen können. Welche Folgen haben diese neuartigen sozio-technologischen Felder des Politischen für unsere Demokratie? Meine Forschung analysiert diesen „politischen Cyberspace“, die sich verändernden Handlungspraxen der Akteure und die Auswirkungen auf institutionell tief verwurzelte gesellschaftliche Werte jeweils exemplarisch auf lokaler Ebene: in Deutschland, Spanien und Israel. 

Wie reorganisiert sich demokratisches Handeln in Zeiten des digitalen Wandels? Das ist die forschungsleitende Frage dieser Arbeit. Um eine empirisch fundierte Antwort darauf zu geben, werden drei konkrete sozio-technologische Felder des Politischen an drei lokalen europäischen Schauplätzen on- und offline analysiert. Ob traditionelle demokratische Parteipolitik, partizipatorische Öffnung von Verwaltungen („Open Government“) oder basisdemokratischer Graswurzel-Aktivismus: Die digitalen Infrastrukturen und die damit verbundene soziale Vernetzung generieren neuartige Kommunikationsräume in einer Vielzahl politischer Felder. Ziel der Forschung ist es deswegen, mit Hilfe qualitativ sozialwissenschaftlicher Methoden ein möglichst breites Spektrum cyberpolitischer Handlungspraxen zu untersuchen, um Grenzen, Widersprüche und Potenziale vernetzten politischen Handelns in zunehmend digitalisierten demokratischen Gesellschaften als kulturelles Phänomen besser zu verstehen.

  • In Deutschland wird das hybride online-offline Aushandeln von Politik am Beispiel einer politischen Partei erforscht; das ethnographische Feld liefert die Piratenpartei in München.

  • In Spanien werden die cyberpolitischen Praxen im Netz und mit Hilfe von Netztechnologien innerhalb einer politischen Bewegung untersucht: die „Democracia real YA“ in Murcia.

  • Und in Israel liegt der Fokus auf dem Entstehen und Wirken eines digital vernetzten öffentlichen Raumes in der Stadtpolitik: „City for All“ in Tel Aviv.

    Der Mangel an ethnographischen Studien zu diesem Themenkomplex legt ein Grounded-theory basiertes Forschungsdesign nahe (vgl. Corbin/Glaser/Strauss), das einen spannenden Einblick in gesellschaftspolitisch und demokratietheoretisch relevante Phänomene unserer Zeit ermöglichen dürfte. Kulturanthropologisch gilt es zu verstehen, welche politische Kultur in Feldern entsteht, in denen sich digital vernetzte Individuen explizit das Ziel gesetzt haben, das Denken von und Handeln in Demokratie gemeinsam neu zu gestalten. Wie verändern sich Stil, Sprache und Performanz des Politischen? Inwiefern transformieren die symbolisch-materiellen Technologien (Hard- und Software) die sozialen Beziehungen politischer Akteure? Wie werden demokratische Werte und Normen entlang cybertechnologischer Infrastrukturen kulturell ausgehandelt? Wie Teilhabe, Repräsentation oder Mitbestim- mung in der Praxis neu verhandelt? Lassen sich alternative direktdemokratische Formen der Interessenregulierung beobachten? Ermöglichen digitale Technologien überhaupt eine „Kultur“ nachhaltiger politischer Entscheidungen?

Bereits dieser Fragekomplex macht deutlich: In den drei zu untersuchenden Feldern geht es nicht um Technologie-an-sich, sondern um deren Anwendung in der politischen Alltagspraxis als Technikkulturen und Kulturtechniken – um das techno- logisch-demokratische Aushandeln sozialer Wirklichkeit. Kulturelle Werte wie...

  • Transparenz (z.B. von Entscheidungsprozessen),

  • Macht (z.B. bindende Entscheidungen zu treffen),

  • Öffentlichkeit (z.B. als Instrument demokratischer Kontrolle),

  • Anonymität (z.B. bei geheimen Wahlen)

  • oder Privatheit (z.B. in Form informationeller Selbstbestimmung)

    ... dürften in den drei empirischen Fällen nicht nur eine jeweils neuartige kultur- technische Prägung aufweisen, als politische Werte stehen sie stets auch in einem potentiellen Widerspruch zueinander. Definiert man Politik ganz allgemein als ein Spannungsverhältnis aus Konflikt und Konsens und versteht man politische Kultur konzeptionell als einen historisch-konkreten Modus der Praxis, der letztlich unvermeidliche Wert-Widersprüche auf eine je spezifische Art und Weise symbolisch und materiell organisiert (z.B. das Verhältnis von Transparenz und Anonymität), dann wird deutlich, dass es im Dissertationsprojekt keineswegs nur um die positiven Potentiale digitaler Technologien gehen kann. Es gilt auch zu untersuchen, inwiefern cyberpolitische Praxen die dominierende politische Kultur im jeweiligen Fallbeispiel herausfordern: durchaus konfliktreich, bisweilen fundamental? Welche Spannungen und Widersprüche entstehen unter den im öffentlich-politischen Raum versammelten Menschen, wenn diese neuartigen sozio-technologischen Praxen auf bisher dominierende, institutionell tief verwurzelte demokratische Handlungsmuster treffen? Und welche kreativen Strategien existieren, um das Aufeinanderprallen unterschied- licher kultureller Sinnlogiken im politischen Alltag zu bewältigen?

    Mein Forschungsvorhaben stellt folglich die Frage nach den gesellschaftlichen und gesellschaftspolitischen Dynamiken digitaler Kommunikationstechnologien: Wie wird Demokratie in Zeiten des digitalen Wandels (re-)organisiert und wie sind Menschen als handelnde Subjekte in diese Transformationsprozesse einbezogen bzw. davon betroffen?

Dr. Michel Massmünster

Projekt in der Forschungsdatenbank

Die Dissertation wurde am 21. Mai 2015 unter dem Titel „Im Taumel der Nacht. Imaginationen, Rhythmen und ästhetische Erfahrungen beim greifbar Werden von Nacht in Basel“ eingereicht (summa cum laude).

Das Projekt „Die Ko-Produktion von Nacht und Stadt“  geht der Frage nach, wie Debatten, Wahrnehmungen und Aneignungen von Stadt, Nacht und Nachtschwärmenden in Basel gestaltet werden und inwieweit sie sich gegenseitig bedingen. Diesem Forschungsinteresse liegt das konstruktivistische Verständnis zugrunde, dass die Stadt nicht als fester geografischer Raum und die Nacht nicht als geschlossenes zeitliches Gefüge zu analysieren sind. Nacht und Stadt entstehen vielmehr erst über Bewegungen und Kommunikationen als Wirklichkeiten. In der postindustriellen Stadt nehmen Ansprüche an und Zugriffe auf urbane nächtliche Räume wie auch darin gemachte Erfahrungen neue Formen an. Dies wird in Debatten um Sicherheit, Ordnung und Stadtbilder, aber auch in neuen Veranstaltungsformen und Festpraktiken sowie in raumbezogenen staatlichen und nichtstaatlichen Interventionen deutlich und ausgehandelt. Nacht und Stadt zeigen sich hier in ihrer gegenseitigen Bedingtheit. Neue nächtliche Wirklichkeiten ereignen sich, die auch an Vorstellungen von langer historischer Dauer und bestehende Infrastrukturen anschließen können. 
Wie beeinflussen kollektive Erwartungen an einen Raum je nach Tageszeit das Verhalten und die bauliche Gestaltung der Räume? Und wie wirken diese wiederum auf Erwartungen und Selbstdeutungen der Akteur_innen zurück? Wie werden Räume der Nacht gestaltet, erfahren und imaginiert? Wie hängen Erwartungen an die Nacht mit Imaginationen einer Stadt zusammen? Kurz: Wie entstehen Nacht und Stadt in Basel durch die Zirkulation von Personen, Wissen, Stimmungen und Materialitäten?
Das Projekt wird im Rahmen einer cotutelle-de-thèse mit der Ludwig-Maximilians-Universität München durchgeführt. Von August 2013 bis Juli 2014 wird durch ein Stipendium für angehende Forschende des SNF ein Forschungsaufenthalt am Lehrstuhl von Prof. Dr. Johannes Moser am Institut für Volkskunde/Europäische Ethnologie der LMU München ermöglicht.

Schlüsselbegriffe: Nacht, Nachtleben, Stadt, urbane Infrastrukturen, Popkultur, ethnografisches Schreiben, Kulturanalyse, Atmosphären, Zeit, Stadtplanung, Raumnutzung, Party, Szenen, Nachtarbeit

Methoden: Kulturanalyse, teilnehmende Beobachtung, Internet- und Medienethnografie, qualitative Interviews, walk and talk

lic. phil. Mario A. Cavallaro

Betreuer: Prof. Dr. Jacques Picard, Prof. Dr. Klaus Schriewer

Projekt in der Forschungsdatenbank

Um Hafenstädte ranken sich viele Mythen. So werden sie gerne als „Tore zur Welt“ oder als kosmopolitisch, aber auch als Zentren der Sünden oder als ein Teil Ausland im eigenen Land bezeichnet. Die dem Meer exponierte Lage und ihre Position zwischen dem terrestrischen und maritimen Raum trägt ebenso dazu bei, dass solche Erzählungen um Hafenstädte entstehen und sich weiterentwickeln. Dies spiegelt sich im kulturellen Verständnis und im Auftritt der jeweiligen Hafenstadt wider.
Es entsteht eine immerwährende Erzählung bzw. Verfassung des Mythos der Hafenstadt, die ihrer jeweiligen Zeit und den jeweiligen urbanen Bedürfnissen angepasst ist: die Mythographie.
Ganz in diesem Sinne präsentiert sich Genova mal als das Tor nach Europa, mal als das Tor zum Mittelmeer. Je nachdem, welcher Brand verfolgt wird, wird der eine oder andere Raum und die eine oder andere Geschichte betont. Ziel ist es die Mythographie dieser Hafenstadt im Rahmen einer Grossveranstaltung zu erfassen, um die diversen unsichtbaren Prozesse der gesellschaftlichen urbanen Mythenschreibung sichtbar zu machen. Dies erfordert eine Forschung, bei der verschiedene Kategorien intensiv aufeinander Bezug nehmen.
Mit Genova wurde eine Stadt für dieses Projekt gewählt, in welcher sich unterschiedliche Räume treffen und diese mit verschiedenen historischen Ereignissen in Verbindung gebracht werden. Damit entsteht ein Konstrukt, welches in das Narrativ und somit in den jeweils aktuellen Mythos der Stadt hineinfliesst, wie dies beim City-Branding der Fall ist.
2015 wird in Milano die Expo stattfinden. Zu diesem Anlass wurde eine Stadtpartnerschaft mit Genova eingegangen. Dabei wird sich Genova – je nach Kontext – als das Tor zum Mittelmeer oder als der Hafen der Expo präsentieren. Um die kulturelle Lage der Hafenststadt einzurahmen, wird hier untersucht, wie die mediterrane Stadt am Beispiel dieses Anlasses auftritt und welche Diskurse dabei entstehen. Ein Anlass, der sich an ein „Weltpublikum“ richtet, und die Mythographisierung Genovas wohl erheblich beeinflusst.
Es darf nicht vernachlässigt werden, dass mit dem Schreiben eines urbanen Mythos klar ein Spiel von Identität und Alterität entsteht, das im Fall Genova gerade heute interessant ist. Die Stadt muss sich auf der einen Seite von anderen Städten wie Milano, Venezia oder auch La Valetta, das 2018 Kulturhauptstadt sein wird, unterscheiden. Gleichzeitig kann ein „Zusammengehörigkeitsgefühl“ entstehen, das sich in der Kategorie „Mediterran“ auszudrücken vermag.
Mittels ethnographischer Forschung wird so den heutigen Diskursen nachgegangen, welche um die mythographie-verdächtige Erzählung „Genova“ entstehen und sich in regionalen grenzübergreifenden Kontexten bewegen.

lic. phil. Angela Bhend-Schaffner

Projektleitung: Jacques Picard

Projekt in der Forschungsdatenbank

Mit dem Dissertationsprojekt von Angela Bhend zu "Das Warenhaus in der Schweiz. Eine jüdische Kulturgeschichte 1890-1945" soll ein weitgehend unbekanntes Stück Kulturgeschichte, die von einer jüdischen Minderheit massgeblich mitgeprägt und geschrieben wurde, und die sowohl Aspekte der Wirtschafts- und Migrationsgeschichte als auch der Sozial- und Architekturgeschichte vereint, thematisiert und aufgearbeitet werden.

Bereits 1882 wurde das Warenhaus vom französischen Schriftsteller Emile Zola als Palast, Tempel der Mode und als Kathedrale des neuzeitlichen Handels apostrophiert. Wie kaum etwas anderes symbolisieren diese sakral anmutenden Kaufhaus-Tempel die Folgen der Industrialisierung sowie der Urbanisierung und man kann sie zu Recht als Sinnbild der Moderne bezeichnen. Althergebrachte Handelsformen wurden revolutioniert, die Massenproduktion fand ihren Absatz und der Mensch als Konsument wurde geboren. Die bahnbrechende Idee, Waren aus aller Welt unter einem Dach zu vereinen, ging einher mit der Schaffung einer völlig neuen Gefühls- und Lebenswelt. Die Erfindung des Warenhauses war im ausgehenden 19. Jahrhundert nicht nur Träger einer neuen Wirtschaftsidee sondern auch Träger einer umfassenden gesellschaftlichen Veränderung.

An der Schwelle zum 20. Jahrhundert erhielt auch die Schweiz ihre ersten Warenhäuser. Fremde Namen wie Julius Brann, Mandowsky, Pilz oder Knopf sind in Vergessenheit geraten, aber auch bekanntere Warenhausnamen wie Loeb, Epa und Manor sind grösstenteils unerforscht geblieben. Doch fremd waren nicht nur die Namen sondern auch die Akteure, die in dieser Geschichte die Hauptrollen besetzten und der Schweiz zu erfolgreichen Warenhäusern verhalfen. Gemäss Erwin Dennenbergs Studie von 1937 sind rund fünfzig Prozent aller Warenhäuser in der Schweiz auf jüdische Gründer zurückzuführen. Bis heute hat aber kaum jemand die Geschichte jener Pioniere, die zumeist aus dem Elsass oder dem süddeutschen Raum stammten, genauer erforscht oder untersucht.


Finanzierung: Other funds
Zeitraum: Beginn: 01. Januar 2014

Linda Martina Mülli

Projekt in der Forschungsdatenbank

The aim of my cultural anthropological research project is to shed light on the work and staff culture within the United Nations. I argue that this umbrella organization with its many international bodies can be considered as place with a specific staff culture. Thus, following the agent perspective in the UN headquarters in Geneva and Vienna, this research study ultimately asks for the characteristics of the UN system and how cross-cultural relations and interactions influence professional careers and biographies.

More precisely, the main purpose of my research is to analyze the everyday performances based on how they mold work culture or identity of employees in UN organizations. It is presumed that this particular culture and the cultural practices shape the careers and biographies of international civil servants and, to a critical extent, the biographies of their family members.

My research is located at the interface among labor studies and organizational anthropology, in ritual studies tailored to the meaning in modern societies with a special focus on highly skilled professionals, and in biography studies in the context of transnational migration.