Foto: Bauernhaus aus Adelboden im Schweizerischen Freilichtmuseum Ballenberg, Quelle: Philipp Betschart Architektur

Mensch und Haus – Wohnen, Bauen und Wirtschaften in der ländlichen Schweiz

Über das Forschungsprojekt

Ausgehend von historischen Bauernhäusern im Schweizerischen Freilichtmuseum Ballenberg arbeiten Forschende der Universität Basel und der Berner Fachhochschule die Lebensgeschichten von Häusern und Bewohnenden auf. Finanziert wird das interdisziplinäre Forschungsprojekt «Mensch und Haus – Wohnen, Bauen und Wirtschaften in der ländlichen Schweiz» vom Schweizerischen Nationalfonds SNF. Das Vorhaben startete im Juni 2020, die Laufzeit beträgt vier Jahre.  Das Projekt zeigt die Verwobenheiten in den konkreten Praktiken des Bauens, Lebens, Wohnens und Wirtschaftens im Laufe der Generationen. Haus und Mensch werden in ihrer wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Wechselwirkung untersucht, wobei beide als Akteure mit eigener Wirkmächtigkeit gesehen werden. Die spezifischen Fragestellungen leiten die Forschenden anhand der Geschichte der einzelnen Häuser und ihrer Bewohnenden ab.

Fragestellungen

Stefan Kunz untersucht den Bedeutungswandel des Bauernhauses aus Adelboden und seiner ehemaligen Landschaft, ausgehend vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart. In diesem alpinen Kontext spielten insbesondere die Entwicklungen in Landwirtschaft und Tourismus eine entscheidende Rolle und prägten sowohl die Makrogeschichte der Region als auch die Mikrogeschichte des Hauses.

Oliver Rendu erforscht die Entwicklung der ländlichen Eliten in der Romandie zwischen 1680 und 1850 anhand von zwei Familien: den Fattebert von Villars-Bramard (Waadt) und den Guillierme aus Savoyen, später sesshaft in Lancy (Genf). In den Fokus rücken familiäre Strukturen, Praktiken des Erbens und Vererbens, politische, religiöse und agronomische Engagements und die soziale sowie räumliche Mobilität im 18. Jahrhundert. Ziel ist es, die Strategien auszumachen, mit denen die ländlichen Eliten versuchten an der Spitze der sozialen Hierarchie in ihrer jeweiligen Region zu bleiben.

Uolf Candrian untersucht ausgehend von den beiden ins Freilichtmuseum versetzten Gasthäusern, deren einstige Netzwerke im Dorf und in der Region. Insbesondere die sozialen und politischen Funktionen der Wirte und auch der Wirtinnen, deren gesellschaftliche Anerkennung sich im 19. Jahrhundert im Zuge der Liberalisierung stark wandelte. Die Forschung soll aufzeigen, wie die beiden exemplarischen Wirtefamilien auf diese Entwicklung reagierten.

Linda Imhof erforscht die Geschichte von drei aus dem Tessiner Dorf Cugnasco stammenden Wohnhäusern sowie ihren Bewohnerinnen und Bewohnern im Zeitraum zwischen 1850 und 1960. Die Bauten waren in weitläufige Besitzungen eingebettet, die weitere Gebäude sowie Äcker, Wiesen und Wälder zwischen 200 und 2'396 Meter über Meer umfassten. Die Arbeit untersucht die Verwobenheit von Wirtschaften und Wohnen und fragt, wie die Praktiken den Umgang mit Haus- und Landbesitz prägten.

Methoden

Das Projekt ist interdisziplinär angelegt und die Profile der Forschenden breit gefächert, sodass Häuser und Menschen mit einem vielfältigen Methodenkatalog untersucht werden, der insbesondere der Sozialgeschichte, der Wirtschaftsgeschichte, den Kulturwissenschaften, der Archäologie sowie der Landschafts-, Architektur- und Hausforschung entstammt. Die Forschenden nutzen bewährte Herangehensweisen und entwickeln gleichzeitig eigene Methoden und Forschungsansätze, um die Häuser und ihre Bewohnenden zu untersuchen.