Medien: Bilder, Töne, Filme, Digitalisierung im Alltag

Der Schwerpunkt Medien beschäftigt sich mit einer kritischen kulturanthropologischen und kulturhistorischen Perspektive auf die alltagspraktische Einbettung von Medienproduktion und -rezeption, auf mediatisierte Lebenswelten und verschiedenen Facetten von Digitalisierung. Bild- und Audiowelten werden zum Gegenstand der Forschung. Dabei sind Medien weniger im Sinne McLuhans als Prothesen des Menschen zu verstehen als vielmehr in Alltagpraxen eingebettete und mit Kulturtechniken verbundene Technologien. Relevant sind vor allem die postkolonialen Zugänge der Cultural Studies auf Massenmedien und subkulturelle Gegenöffentlichkeiten, vielfältige Ansätze der Medienethnographie bzw. -anthropologie, der kulturwissenschaftlichen Technikforschung, der Akteur-Netzwerk-Theorie und der Digitalisierungsforschung im Sinne von Critical Software Studies.

Verantwortliche Ansprechpartnerin: Ina Dietzsch

Weitere Beteiligte: Walter Leimgruber, Nicole Peduzzi, Thomas Burckhalter, Theresa Beyer, Thomas Schärer, Patricia Jäggi, Saskia Klaassen-Nägeli, Fanny Gutsche, Daniel Kunzelmann, Grégoire Mayor, Sebastian Dümling

Forschungsprojekte

Kooperation mit der HGK der FHNW (Michael Renner, Professur für Visuelle Kommunikation)

Wissenschaftliche Projektleitung: Ina Dietzsch

Mitarbeiterinnen: Susanne Käser, Silvia Balzan, Aylin Yildirim Tschoepe  

Dieses Projekt agiert im Rahmen eines Netzwerkes aus Architektur, Bilddesign, Stadt- und Designanthropologie. Im Zusammenhang mit Stadtentwicklungsprozessen in Basel wird der Frage nachgegangen, wie sich mit den aktuellen gesellschaftlichen Verhältnissen Veränderungen in Bezug auf Kulturtechniken ergeben und welche neuen Spielräume für Kommunikationspraxis sich dabei eröffnen. Die designanthropologische Perspektive des Projektes fokussiert vor allem auf die Offenheit und partielle Unbestimmtheit von Visualisierungen, die dazu auffordern Bedeutungen zu interpretieren und zu verhandeln. Im Vordergrund steht die Praxis, in der Bilder entstehen und eine Bedeutung bekommen. Visualisierungen unterschiedlichster Art werden dabei als Aushandlungsraum – Sehen, Produzieren, Deuten, Verändern als komplexe intersubjektive Vorgänge sowie als variable und hochselektive Weisen der Welterschliessung verstanden.

Projektleitung: Walter Leimgruber
Mitarbeit: Metka Hercog

As the largest producer of films in the world, the Indian film industry produces between 1,500 and 2,000 films annually. European governments, tourism ministries and film commissions, have recently started promoting their respective countries as film-shooting destinations. This charged context of increasing competition in attracting film-makers to new locations and the international circulation of Indian cinema has created new types of cultural connections and economic cooperation opportunities between India and European countries. The infrastructure of shooting films in foreign places enables promotion of tourism, employment opportunities, knowledge sharing, and country branding with long-term economic and transcultural effects. This project will analyze how different locations shape and are shaped by film production as well as by film circulation. First, the project aims to understand the infrastructure of film productions in foreign locations, the specificities of chosen locales, looking at the linkages within the film industry and at spillovers to other sectors. Second, we propose to look at the mechanisms of awareness raising due to seeing specific locations on the screen. Images created by films produce meanings, which influence people's attitudes and behavior. The project aims to understand how viewers respond to the use of foreign locations in attitudes and behavior

FilmInd is an international research project funded by EqUIP (EU-India Platform for Social Sciences and Humanities) which aims to support collaboration between Europe and India. The research consortium consists of University of Basel (Switzerland), Jawaharlal Nehru University (India), Novia University of Applied Sciences (Finland), Adam Mickiewicz University (Poland), Research Centre of the Slovenian Academy of Sciences and Arts (Slovenia) and is coordinated by the University of Basel. The project lasts from January 2019 to December 2021. 

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Abgeschlossene Forschungsprojekte

Digital Lives

Digital Lives

Projektleitung: Walter Leimgruber
Koordination: Ina Dietzsch

Die Landwirtschaft durchläuft gegenwärtig mit ihrer Digitalisierung massive Veränderungen, bei denen sich das Verhältnis zwischen Menschen, nicht-menschlichen Lebewesen und Technologien dramatisch verändert. 

Inhalt und Ziel des Projekts: Vorstellungen von Landwirtschaft in der Schweiz sind romantisiert. Vorherrschend ist das Bild eines längst unrentablen, musealen Wirtschaftens. Doch digitale Technologien sind gegenwärtig dabei, auch in der Landwirtschaft gesellschaftliche Naturverhältnisse radikal zu verändern.Mit dem digitalen Leben in der Landwirtschaft wird das Projekt ein komplexes und dynamisches Geflecht untersuchen, in dem vielfältige Akteure Beziehungen miteinander eingehen: Maschinen, Reglemente, Menschen, Wissen, Infrastrukturen, Interfaces, Daten, Pflanzen, Tiere, Abfall, Erde, Umwelt. Wo und wann wird dabei programmiert, gerechnet und digitale Technologie eingesetzt? Wo wird verdatet, verhandelt und verschaltet? Wie verändert sich die Beziehung der Bauern und Bäuerinnen zu Tieren und Pflanzen, wenn eine Datencloud zwischen sie tritt? Was geschieht dadurch mit der Trennung zwischen Natürlichem und Künstlichem in Bezug auf Wissen, Vorstellungen und Selbstverständlichkeiten von Leben? 

Wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Kontext:Das Projekt führt eine auf soziale Praxis orientierte Feldforschung durch, die detailliert untersucht, wo das Digitale auf einem Bauernhof aufzufinden ist. Es versteht sich als anthropologische Erforschung von „Leben“ mit Schwerpunkt auf dem Verhältnis zwischen Menschen, nicht-menschlichen Lebewesen und digitaler Technologie. 

Projektleitung: Nicole Peduzzi

Die erste Phase des SGV-Fotoprojektes ist nach vier Jahren intensiver Bearbeitungszeit abgeschlossen. Mehr als 100‘000 fotografische Objekte aus 16 verschiedenen Sammlungen sind seit dem 1. Februar 2018 auf der eigens dafür konzipierten Internet-Plattform zugänglich (archiv.sgv-sstp.ch).

Christina Besmer, MA und PD Ina Dietzsch

„Medienwelten und Alltagsurbanität“ beschäftigt sich mit dem Zusammenhang von Medienpraxen und alltäglichem städtischen Leben. Wir gehen davon aus, dass städtischer Alltag von den verschiedensten Medientechnologien durchdrungen ist und Medien die Art, wie Stadt gedacht, gemacht und gelebt wird, beeinflussen. 
Städte entstehen durch Zuwanderung – sei es vom Land oder über nationale Grenzen hinweg, und der städtische Alltag ist geprägt von Mobilität – sei es durch Pendelbewegungen in die und aus der Stadt, innerstädtische Mobilität oder das Zusammentreffen von sesshaften und mobilen Bewohner_innen. Besonders interessiert uns die damit verbundene Transkulturalisierung urbaner Räume: Infolge einer Intensivierung und Diversifizierung von Mobilitäten zeichnet sich städtischer Alltag heute mehr denn je durch eine Vielfalt transkultureller Zugehörigkeiten, Alltagspraxen und Medienwelten aus. Vor diesem Hintergrund erforschen wir, wie eine wachsende kulturelle Diversität der Quartierbevölkerung sowie eine Globalisierung medialer Angebote Stadtquartiere und deren Kommunikationsstrukturen verändern. 

Schlüsselbegriffe: Medialität, Migration, Urbanität, Raumforschung, Transkulturalisierung, Super-Diversität 

English version:
“Media Worlds and Everyday Urbanism“

The project “Media Worlds and Everyday Urbanism” investigates the interplay of media practices and urbanity. We assume that everyday urban life is permeated by various media technologies and that media influence the way urbanity is imagined, made and lived.
Cities result from immigration, be it from the countryside or across national borders. Also, the everyday urban life is shaped by mobility, be it by in and out commuting movement, inner-city mobility or the co-habitation of sedentary and mobile citizens. In regard to migration we are particularly interested in the related transculturalisation of urban spaces: Due to the intensification and diversification of mobility, everyday urban life today is more than ever characterised by a multitude of transcultural affiliations, everyday practices and media worlds. Against this background we examine how an increasing cultural diversity of the population as well as the globalization of media changes urban neighbourhood districts and their structures of communication.

Key words: Media anthropology, migration, urbanity, transculturalisation, super-diversity, spatial research

Laufzeit: 1.1.2013 – 31.5.2016

Finanzierung: SNF

Methoden: öffentliche Anthropologie, Medienethnografie, Wahrnehmungsspaziergänge, Medientagebücher, mental maps, qualitative Interviews

Vergangene Veranstaltungen:

  • „Mediale Grenzziehungen und Ermächtigungen im städtischen Raum. Ethnografische Medien- und Stadtforschung“: Projektwoche im Rahmen von „Schweizer Jugend forscht“ im HS 13.

Dr. Karoline Oehme-Jüngling
Dr. des. Fanny Gutsche
Dr. des. Patricia Jäggi

Das Forschungsprojekt untersucht die Konstruktion und Vermittlung von "Swissness" mittels (Volks-)Musik. Im Zentrum des Forschungsprojekts steht die "Sammlung Dür" – ein zwischen 1957 und 1967 vom Musikwissenschaftler Fritz Dür im Auftrag von Schweizer Radio International (SRI) als musikalische Visitenkarte der Schweiz zusammengestelltes Konvolut von zirka 8.000 Tonbändern mit "Schweizer Volksmusik", das 1987 in die Schweizer Nationalbibliothek überführt wurde. Die Leitfrage des gesamten Projektes ist diejenige, wie und vor welchen gesellschaftlichen wie institutionellen Hintergründen sich volksmusikalisches Schaffen mit der Institution Rundfunk zu einer wirkmächtigen Stimme zur Verbreitung von – klingender – Swissness etablieren konnte. 

Das Projekt ist interdisziplinär angelegt und untersucht die klingende Dimension von populärer Kultur von der Nachkriegszeit bis in die Gegenwart aus musikforschender und aus kulturanthropologischer bzw. ethnomusikologischer Perspektive. Der analytische Zugriff auf das von allen Projekten gemeinsam bearbeitete Material orientiert sich an der Frage nach der akustischen Konstruktion einer "Stimme der Schweiz" – durch die Fixierung auf Tonträgern, was gleichzeitig stilbildend wirkte, durch die Zusammenstellung zu einem nachhaltig und während längerer Zeit genutzten Klang-Korpus, was zugleich kanonisierend wirkte und schliesslich durch die Vermittlung über das Hörmedium Rundfunk, was die Bildung einer eingängigen Vorstellung von akustischer Swissness anregte. Drei eng miteinander verzahnte Teilprojekte an drei Schweizer Hochschulen erforschen diese Verhandlungen um "Volksmusik" im Rundfunk: Teilprojekt A) an der Hochschule Luzern/Departement Musik analysiert die Volksmusikszene der 1950er und -60er Jahre und aus musikforschender Perspektive die klanglich-musikalische Seite des Repertoires. Das kulturanthropologische Projekt B) am Institut für Populäre Kulturen der Universität Zürich untersucht die institutionelle Seite der Entstehung wie der Überlieferung und des „Überlebens“ der Sammlung Dür in ihren sozialen, kulturellen, politischen und ideengeschichtlichen Kontexten sowie die akustische Repräsentation von Swissness. Teilprojekt C) am Seminar für Kulturwissenschaft und Europäische Ethnologie der Universität Basel untersucht aus ethnomusikologischer Perspektive die Nutzungen der Sammlung und ihre Rezeption als "Stimme der Schweiz" im In- und Ausland. 
Die Sammlung Dür wurde unter der Vorgabe von SRI, die "Stimme der Schweiz" zu sein, durch den Leiter der Sonothek Fritz Dür aus den Beständen der einzelnen Radiostudios wie durch "Live-Aufnahmen" in der ganzen Schweiz zusammengetragen. Sie wurde von den 1960er bis in die 1990er Jahre für den inländischen (Telefonrundspruch) und namentlich den ausländischen Sendebetrieb, aber auch für weitere Zwecke, u. a. für die SRI-Musikedition "Musica Helvetica", genutzt. Der Bestand (sowohl was die Musik- als auch was konventionelle Archivalien betrifft) bildet die zentrale Materialbasis des Projekts und ermöglicht die Bearbeitung der drei aufeinander abgestimmten Forschungsfragen und -perspektiven. Der Synergieeffekt von "Broadcasting Swissness" liegt denn auch genau darin, Klänge/Musik nicht entweder um die sinnlich-akustische oder aber um ihre soziokulturelle Kontexteinbettung reduziert zu erforschen, sondern unter musikalisch-performativen, ebenso wie institutionspolitischen und rezeptionsästhetischen Gesichtspunkten zu untersuchen. Damit trägt das Projekt nicht nur zur Analyse eines bisher ungeschriebenen Kapitels der Geschichte der traditionellen populären Musik in ihrem Einlassen auf die „Kulturindustrie“ sowie zur kritischen Auseinandersetzung mit der akustischen, institutionell forcierten Konstruktion von "Swissness" bei, sondern nimmt zugleich auch die Herausforderungen einer modernen, disziplinenübergreifenden Kulturwissenschaft auf. Nicht zuletzt werden die Ergebnisse des Projekts nicht nur in den üblichen wissenschaftlichen Formaten, sondern auch in nicht-diskursiven Formen vermittelt: unter anderem durch eine Hörplattform, eine Notenpublikation, insbesondere aber auch durch die Zugänglichkeit über die Hörstationen der Nationalphonothek und die Aufnahme der digitalisierten Sammlung in der Memoriav-Online-Datenbank "Memobase" wie durch eine Medienpartnerschaft mit der SRG, womit die Forschungsergebnisse in auch unterschiedlich aufbereiteter Form einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. 

Laufzeit: 1.12.2012 - 30.11.2015

Finanzierung: SNF

Lehrveranstaltungen FS 14:

  • Broadcasting Swissness. Einführung in die kulturanthropologische Medientextanalyse am Beispiel schweizerischer Radiogeschichte
    Dozentinnen: Fanny Gutsche und Karoline Oehme

 Tagungen:

  • Die „Schweiz“ im Klang. Repräsentation, Konstruktion und Verhandlung (trans)nationaler Identität über akustische Medien, Arbeitstagung I im Sinergia-Projekt „Broadcasting Swissness“, 11. September 2013, Universität Basel

Workshops:

  • „Theoretische und methodische Zugänge zu Broadcasting Swissness“, Workshop III im Rahmen des SNF-Projekts „Broadcasting Swissness“, 12. Juni 2013, Universität Basel

Publikationen:

  • Gutsche, Fanny, Oehme-Jüngling, Karoline (Hg.): "Die Schweiz" im Klang: Repräsentation, Konstruktion und Verhandlung (trans)nationaler Identität über akustische Medien. Basel: Schweizer Gesellschaft für Volkskunde 2014. (E-Book: http://edoc.unibas.ch/dok/A6289086)

Abgeschlossene Dissertationen

Hard- und Softwaretechnologien dringen immer tiefer in unsere Lebenswelt ein. Die soziale Vernetzung entlang digitaler Infrastrukturen generiert besondere Kommunikationsräume, die wir als „online-offline“ oder „hybrid“ bezeichnen können. Welche Folgen haben diese neuartigen sozio-technologischen Felder des Politischen für unsere Demokratie? Meine Forschung analysiert diesen „politischen Cyberspace“, die sich verändernden Handlungspraxen der Akteure und die Auswirkungen auf institutionell tief verwurzelte gesellschaftliche Werte jeweils exemplarisch auf lokaler Ebene: in Deutschland, Spanien und Israel. 

 

Wie reorganisiert sich demokratisches Handeln in Zeiten des digitalen Wandels? Das ist die forschungsleitende Frage dieser Arbeit. Um eine empirisch fundierte Antwort darauf zu geben, werden drei konkrete sozio-technologische Felder des Politischen an drei lokalen europäischen Schauplätzen on- und offline analysiert. Ob traditionelle demokratische Parteipolitik, partizipatorische Öffnung von Verwaltungen („Open Government“) oder basisdemokratischer Graswurzel-Aktivismus: Die digitalen Infrastrukturen und die damit verbundene soziale Vernetzung generieren neuartige Kommunikationsräume in einer Vielzahl politischer Felder. Ziel der Forschung ist es deswegen, mit Hilfe qualitativ sozialwissenschaftlicher Methoden ein möglichst breites Spektrum cyberpolitischer Handlungspraxen zu untersuchen, um Grenzen, Widersprüche und Potenziale vernetzten politischen Handelns in zunehmend digitalisierten demokratischen Gesellschaften als kulturelles Phänomen besser zu verstehen.

  • In Deutschland wird das hybride online-offline Aushandeln von Politik am Beispiel einer politischen Partei erforscht; das ethnographische Feld liefert die Piratenpartei in München.

  • In Spanien werden die cyberpolitischen Praxen im Netz und mit Hilfe von Netztechnologien innerhalb einer politischen Bewegung untersucht: die „Democracia real YA“ in Murcia.

  • Und in Israel liegt der Fokus auf dem Entstehen und Wirken eines digital vernetzten öffentlichen Raumes in der Stadtpolitik: „City for All“ in Tel Aviv.

    Der Mangel an ethnographischen Studien zu diesem Themenkomplex legt ein Grounded-theory basiertes Forschungsdesign nahe (vgl. Corbin/Glaser/Strauss), das einen spannenden Einblick in gesellschaftspolitisch und demokratietheoretisch relevante Phänomene unserer Zeit ermöglichen dürfte. Kulturanthropologisch gilt es zu verstehen, welche politische Kultur in Feldern entsteht, in denen sich digital vernetzte Individuen explizit das Ziel gesetzt haben, das Denken von und Handeln in Demokratie gemeinsam neu zu gestalten. Wie verändern sich Stil, Sprache und Performanz des Politischen? Inwiefern transformieren die symbolisch-materiellen Technologien (Hard- und Software) die sozialen Beziehungen politischer Akteure? Wie werden demokratische Werte und Normen entlang cybertechnologischer Infrastrukturen kulturell ausgehandelt? Wie Teilhabe, Repräsentation oder Mitbestim- mung in der Praxis neu verhandelt? Lassen sich alternative direktdemokratische Formen der Interessenregulierung beobachten? Ermöglichen digitale Technologien überhaupt eine „Kultur“ nachhaltiger politischer Entscheidungen?

Bereits dieser Fragekomplex macht deutlich: In den drei zu untersuchenden Feldern geht es nicht um Technologie-an-sich, sondern um deren Anwendung in der politischen Alltagspraxis als Technikkulturen und Kulturtechniken – um das techno- logisch-demokratische Aushandeln sozialer Wirklichkeit. Kulturelle Werte wie...

  • Transparenz (z.B. von Entscheidungsprozessen),

  • Macht (z.B. bindende Entscheidungen zu treffen),

  • Öffentlichkeit (z.B. als Instrument demokratischer Kontrolle),

  • Anonymität (z.B. bei geheimen Wahlen)

  • oder Privatheit (z.B. in Form informationeller Selbstbestimmung)

    ... dürften in den drei empirischen Fällen nicht nur eine jeweils neuartige kultur- technische Prägung aufweisen, als politische Werte stehen sie stets auch in einem potentiellen Widerspruch zueinander. Definiert man Politik ganz allgemein als ein Spannungsverhältnis aus Konflikt und Konsens und versteht man politische Kultur konzeptionell als einen historisch-konkreten Modus der Praxis, der letztlich unvermeidliche Wert-Widersprüche auf eine je spezifische Art und Weise symbolisch und materiell organisiert (z.B. das Verhältnis von Transparenz und Anonymität), dann wird deutlich, dass es im Dissertationsprojekt keineswegs nur um die positiven Potentiale digitaler Technologien gehen kann. Es gilt auch zu untersuchen, inwiefern cyberpolitische Praxen die dominierende politische Kultur im jeweiligen Fallbeispiel herausfordern: durchaus konfliktreich, bisweilen fundamental? Welche Spannungen und Widersprüche entstehen unter den im öffentlich-politischen Raum versammelten Menschen, wenn diese neuartigen sozio-technologischen Praxen auf bisher dominierende, institutionell tief verwurzelte demokratische Handlungsmuster treffen? Und welche kreativen Strategien existieren, um das Aufeinanderprallen unterschied- licher kultureller Sinnlogiken im politischen Alltag zu bewältigen?

    Mein Forschungsvorhaben stellt folglich die Frage nach den gesellschaftlichen und gesellschaftspolitischen Dynamiken digitaler Kommunikationstechnologien: Wie wird Demokratie in Zeiten des digitalen Wandels (re-)organisiert und wie sind Menschen als handelnde Subjekte in diese Transformationsprozesse einbezogen bzw. davon betroffen?

    (Betreuer: Prof Dr. em. Jacques Picard und Prof. Dr. Johannes Moser)

Die "Stimme der Schweiz" hören - Zur transnationalen Rezeption akustischer Swissness am Beispiel von Swiss Radio International 1936-2004

Tagungen

Die 6. Tagung der DGV-Kommission Digitalisierung im Alltag «Embedded Digitalities» fand vom 5. bis 7. April 2018 in Basel in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Gesellschaft für Volkskunde (SGV) satt. Organisatorinnen waren Ina Dietzsch und Sabine Eggmann. 

Die Tagung nahm die Beobachtung zum Ausgangspunkt, dass aktuell Forschende in allen gegenwärtig relevanten kulturwissenschaftlich/-anthropologischen Forschungsfeldern mit digitalen Phänomenen, Prozessen oder Infrastrukturen konfrontiert sind und die Digitalisierungsforschung aus der Nische einer Subdisziplin heraustritt. Mit dem zentralen Fokus der Tagung 2018 auf das Thema «Einbettungen» machten die Organisatorinnen diese Entwicklung explizit zum Thema. Das Digitale wurde als eine relationale Konstruktion in den Blick genommen und es wurde gezielt nach den verschiedenen Weisen gefragt, in denen digitale Medien, Technologien, Ideologien, Infrastrukturen etc. eingebunden sind.

Stimmen teilnehmender Studierender an der Tagung sind unter Lehrangebot > Tagungen zu finden